Artikel / 10 Fragen an den German Desk
Stephan Diel en Anne-Marie van Dijk, German desk van Boels Zanders. Foto in Dusseldorf.
Interview

10 Fragen an den German Desk

Der German Desk von Boels Zanders unterstützt Unternehmen, Organisationen und gelegentlich auch Privatpersonen bei rechtlichen Fragestellungen, die sowohl das niederländische als auch das deutsche Recht betreffen. Stephan und Anne-Marie, advocaten mit doppelter Zulassung, berichten über ihre Beweggründe, Ambitionen und Herausforderungen. Wie kombinieren sie ihre Expertise in zwei unterschiedlichen Rechtssystemen?

Was hat Sie dazu bewogen, Anwalt zu werden?

Anne-Marie: „Für mich war der Weg in die Anwaltschaft unvermeidlich. Ich bin in einer Anwaltskanzlei aufgewachsen, und die Liebe zum Beruf wurde mir in die Wiege gelegt. Besonders fasziniert hat mich der internationale Aspekt des Rechts, insbesondere das internationale Privatrecht, weil es einen dazu zwingt, verschiedene Perspektiven einzunehmen.“

Stephan: „Ich war schon immer an internationaler Arbeit interessiert, vor allem wegen des komplexen europäischen Rechts. Da ich mich in Deutschland nicht gut spezialisieren konnte, habe ich in den Niederlanden Jura studiert. Nach meinem Studium schwankte ich zwischen einer internationalen Organisation und der Anwaltschaft. Letztlich gaben meine Praktika den Ausschlag: Der direkte Kontakt zu Mandanten und die tiefgehende juristische Analyse passen zu mir.“

Warum haben Sie sich für eine doppelte Zulassung entschieden?

Anne-Marie: „Die Entscheidung für eine doppelte Zulassung war für mich strategisch. Ich habe jahrelang am German Desk gearbeitet, aber immer wieder Barrieren festgestellt, die ich nicht überwinden konnte, ohne selbst in Deutschland tätig werden zu dürfen. Jedes Mal, wenn deutsches Recht zur Anwendung kam, musste ich einen deutschen Anwalt hinzuziehen – selbst wenn ich genau wusste, was zu tun war. Es fühlte sich an, als wäre ich nicht vollständig autonom, und das frustrierte mich. Jetzt, mit der doppelten Zulassung, kann ich selbst prozessieren und meine Mandanten von Anfang bis Ende begleiten, ohne jemanden anderen einschalten zu müssen. Das macht meine Arbeit effektiver und spannender.“

Stephan: „Für mich war es ebenfalls ein logischer Schritt. Ich bin als Deutscher in den Niederlanden aufgewachsen und habe daher eine Verbindung zu beiden Ländern, die ich auch in meiner Arbeit nutzen möchte. Um wirklich ein guter Berater zu sein, muss man beide Rechtssysteme kennen und in ihnen arbeiten dürfen. Andernfalls fühlt es sich an, als wäre man ein Ritter ohne Schwert. Jetzt kann ich meine Mandanten in beiden Ländern umfassend vertreten – auch vor Gericht.“

Gibt es ein bestimmtes Rechtsgebiet, auf das Sie sich spezialisiert haben?

Stephan: „Unsere Grundlage ist das internationale Vertragsrecht, insbesondere Handelsverträge. Darüber hinaus arbeite ich an Fällen wie deutschem Mietrecht und Gesellschaftsrecht. Wir machen nicht alles, denn Qualität erfordert Fokus. Das Spannende an unserer Arbeit ist die ständige Übersetzung zwischen niederländischem und deutschem Recht.“

Anne-Marie: „Mein Schwerpunkt liegt auf Handelsrecht, Verträgen und Haftungsfragen in beiden Ländern. Obwohl sich unsere Fachgebiete manchmal überschneiden, bearbeiten wir auch andere deutsche Fälle. Dank unseres Wissens über beide Systeme können wir schnell die richtige Herangehensweise finden, auch außerhalb unseres direkten Fachgebiets.“

Was sind die größten Unterschiede zwischen dem Jurastudium in den Niederlanden und Deutschland?

Stephan: „Die juristische Ausbildung in Deutschland ist im Vergleich zu den Niederlanden intensiver. In den Niederlanden absolviert man ein Fach, macht eine Prüfung und geht weiter. In Deutschland lernt man alles gleichzeitig auf einem hohen Niveau. Es gibt kein Bachelor-Master-System, sondern man legt nach fünf Jahren Staatsexamen in allen Rechtsgebieten ab. Danach absolviert man Referendariate bei der Justiz, der Staatsanwaltschaft und in Anwaltskanzleien. Nach diesen Stationen gibt es ein weiteres Examen, diesmal mit mehr praxisnahen Fällen.“

Anne-Marie: „Dank europäischer Vorschriften konnten wir als ausländische Anwälte das deutsche Examen ablegen und dabei ein Hauptrechtsgebiet auslassen. Das machte es aber nicht weniger anspruchsvoll. Wir haben zwei Jahre lang neben der Arbeit intensiv gelernt. Es war eine enorme Herausforderung, aber letztendlich haben wir es geschafft.“

Wie haben Sie sich auf das deutsche Staatsexamen neben Ihrer Arbeit vorbereitet?

Stephan: „Es war hart. Wir haben an einem Kurs teilgenommen, bei dem wir zwölf Mal für vier Tage nach Frankfurt gefahren sind. Die Dozenten waren Richter und Anwälte. Die Menge an Wissen, die man sich aneignen muss, ist enorm, und es erfordert viel Selbstdisziplin, das neben einem Vollzeitjob zu bewältigen. Zwei Jahre lang habe ich jeden Tag gelernt, oft von sechs Uhr morgens bis spät abends – auch an den Wochenenden.“

Anne-Marie: „Es war tatsächlich eine große Herausforderung. Ich habe oft bis spät in die Nacht gelernt, zusätzlich zu meiner Arbeit und meinem Familienleben. Ich erinnere mich, dass ich während meines Mutterschaftsurlaubs gelernt habe und buchstäblich kein soziales Leben hatte. Die Vorbereitung war entscheidend – man kann sich nicht auf Glück oder Charakter verlassen. Man muss vollständig vorbereitet sein, um nicht nur zu bestehen, sondern sich später in der Praxis als Anwalt sicher zu fühlen.“

Wie haben Sie begonnen, zusammenzuarbeiten, und was sind die größten Unterschiede zwischen Ihnen?

Stephan: „Ein ehemaliger Kommilitone schickte mir eine Stellenausschreibung für den German Desk bei Boels Zanders. Wir lernten uns schnell kennen und hatten beide schon immer eine Verbindung zu Deutschland, arbeiteten aber zunächst in verschiedenen Rechtsgebieten. Unsere Zusammenarbeit wurde intensiver, als wir beide mit der Ausbildung zur doppelten Zulassung begannen. Anne-Marie startete zuerst, und ich folgte kurz darauf. Ab diesem Moment war das Team komplett.“

Anne-Marie (lachend): „Der größte Unterschied? Stephan ist Deutscher und ich bin Niederländerin. Er ist sehr strukturiert und formell, während ich etwas lockerer und kommerzieller bin. Wir ergänzen uns gut: Stephan sorgt für Präzision, und ich bringe den praktischen Ansatz ein. Es ist wichtig, sich der Situation anzupassen – oder wie wir oft sagen: ‚Know your audience‘.“

Können Sie etwas über Ihren ersten Fall gemeinsam erzählen?

Anne-Marie: „Das war sofort ein Abenteuer. Wir mussten in einem kleinen Dorf im Osten des Landes einen Fall vertreten, was eine erhebliche logistische Herausforderung war. Die Reise dauerte acht Stunden, dazu kamen zwei Übernachtungen – nicht gerade effizient. Wir baten das Gericht um eine digitale Verhandlung, aber das wurde abgelehnt, da unsere Kanzlei nicht auf deutschem Boden ansässig ist. Letztlich haben wir die Verhandlung bei Stephan zu Hause auf dem Sofa durchgeführt – das galt formal noch als deutsches Gebiet.“

Stephan: „Das war ein bizarrer Moment, aber auch eine gute Illustration dafür, wie Verfahren in Deutschland manchmal anders ablaufen als in den Niederlanden. Es war offensichtlich, dass das deutsche Gericht nicht an Anwälte mit doppelter Zulassung gewöhnt war. Es war faszinierend zu sehen, wie sehr sie an den Regeln festhielten. Letztlich erzielten wir eine gute Einigung und konnten das Problem lösen.“

Wer sind die Mandanten des German Desk und welche Art von Fällen bearbeiten Sie?

Anne-Marie: „Unsere Mandanten sind vor allem Unternehmer, sowohl aus den Niederlanden als auch aus Deutschland, die mit rechtlichen Auseinandersetzungen auf der anderen Seite der Grenze konfrontiert sind. Das kann Immobilien, Verträge, GmbHs oder sogar Ferienhäuser betreffen. Wir arbeiten hauptsächlich mit Geschäftskunden, aber gelegentlich helfen wir auch Privatpersonen.“

Stephan: „Unsere Geschäftskunden schätzen es besonders, dass wir in beiden Ländern tätig sind, was oft kostengünstiger ist, als zwei Anwälte zu engagieren. In Deutschland ist das Honorar eines Anwalts nämlich von der Höhe des Streitwertes abhängig, was zu seltsamen Situationen führen kann – einfache Fälle können manchmal hohe Gebühren mit sich bringen und umgekehrt.“

Was können niederländische und deutsche Anwälte voneinander lernen?

Anne-Marie: „Pragmatismus ist eine Lektion, die deutsche Anwälte von ihren niederländischen Kollegen lernen können. In Deutschland ist man als Anwalt verpflichtet, eine umfassende Beratung abzugeben, was oft zu langen Analysen führt. In den Niederlanden konzentriert man sich stärker darauf, die Frage zu beantworten, die der Mandant gestellt hat.“

Stephan: „Das stimmt. In Deutschland liegt die Messlatte für Anwälte in Bezug auf Haftung und Sorgfalt sehr hoch. Man ist verpflichtet, alle Risiken zu identifizieren und schriftlich festzuhalten, da man sonst Gefahr läuft, von seinem eigenen Mandanten haftbar gemacht zu werden. In den Niederlanden ist das weniger üblich, wodurch Anwälte viel direkter und praxisorientierter arbeiten.“

Was sind Ihre Ambitionen für die Zukunft des German Desk?

Anne-Marie: „Unsere Ambition ist es, den German Desk weiter auszubauen und uns kontinuierlich weiterzuentwickeln. Die juristische Welt verändert sich schnell, sowohl in den Niederlanden als auch in Deutschland, und es ist entscheidend, unser Wissen stets aktuell zu halten. Unser Ziel ist es, der größte und spezialisierteste German Desk zu werden.“

Stephan: „Meine Ambition ist es, noch mehr Rechtsgebiete in Deutschland zu beherrschen und so unsere Expertise weiter auszubauen. Wachstum ist uns wichtig, aber Qualität steht immer an erster Stelle.“

 

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